Wie es begann...

Die Hosenträgernäherei auf der Auer Dult

Auf der Kirchweihdult 1984 hatte ich zum ersten Mal eine Nähmaschine an meinem Standl auf der Auer Dult dabei. 

 

Der Hosenträgerstand, den ich einige Zeit zuvor übernommen hatte und der mit fertiger Hosenträgerkonfektion ausgestattet war, lief nicht besonders gut. Die Kunden waren am Artikel Hosenträger interessiert, äußerten aber Sonderwünsche. So wollte zum Beispiel die Belegschaft des Deutschen Museum extrem kurze Hosenträger, die sie an den Arbeitslatzhosen tragen konnten.

 

Die an den Hosen fertig angenähten Träger waren in der Kochwäsche schnell ausgeleiert, normale Hosenträger wären viel zu lang und Kinderhosenträger, die von der Länge passend gewesen wären, gab es damals nur mit Kindermotiven.  Fischer und Angler wiederum waren an extrem langen Hosenträgern interessiert, die an die Gummiwathosen geklipst werden konnten.

 

Also gab ich eine Anzeige in der Zeitung auf: „Industrienähmaschine“ gesucht. Gemeldet hat sich ein Sattler aus Freimann, der seine damals gut 80 Jahre alte Singer mit Fußbetrieb veräußern wollte. Das Nähen hatte ich von meiner Großmutter gelernt und ein bestehender Hosenträger wurde zerlegt in seine Einzelteile und zu Übungszwecken immer wieder auf andere Art und Weise zusammengenäht.

 

Diese alte Singer ist heute noch auf der Dult in Betrieb, wird aber von zwei elektrischen Maschinen unterstützt. Besonders um einen stetigen Nähnadelwechsel zu vermeiden, werden Lederteile auf einer elektrischen und die Gummibänder auf der zweiten genäht.  

 

Da die Maß-Hosenträgernäherei eine beratungsintensive Sache ist, werde ich  auf der Dult von meinem Mann unterstützt, der ein leidenschaftlicher Hosenträgerfan ist. Er arbeitete als Lehrer für die Stadt München und sicherte so das Auskommen der fünfköpfigen Familie. Meine drei mittlerweile erwachsenen Kinder  helfen in Stoßzeiten, sie wurden von mir ins Nähen eingewiesen.  Sohn Leopold hatte während seiner Lehre zum KFZ Mechatroniker einen speziellen Arbeitshosenträger entwickelt, der ein dauerndes von der Schulterrutschen der Träger verhindert. Dieser  ergänzt seitdem das Sortiment und wird als Modell YY oder Leopold geführt wird.

 

Die Hosenträgernäherei ist für mich ein immer zusätzliches Standbein gewesen. Als studierte Diplombiologin habe ich früher im Tierpark Hellabrunn wissenschaftliche Führungen abgehalten. 

 

Besonders freuen mich auf der Dult die Besuche meiner zahlreichen Stammkunden. Diese sind mir zur zweiten Familie geworden, denn so manches erzählen sie mir von sich, während  ich ihre Träger fertige oder repariere. Es gibt sogar schon junge Familien, die mir stolz erzählen, dass sie als Kind bei mir Hosenträger bekommen haben und heute mit ihren Kindern über die Dult bummeln.

 

Wenn gerade keine Auer Dult ist findet man mich in meiner kleinen Werkstatt in der Au, Oefelestraße 3 immer nur mittwochs zwischen 14 und 18 Uhr. Der Rest der Woche muss dem „Brotberuf“ Projektmanagement vorbehalten bleiben.

 

Aber nicht nur Hosenträger gibt es bei mir. Mit Gummibändern und Clipsen lassen sich Bettlaken-Spanner, Sitzbezug-Halterungen, Korsagen-Befestigungen,  medizinische Stützstrumpfhilfen und vieles mehr herstellen.  Besonders begehrt vor allem bei Bäckern und Konditoren ist der Schürzenclip. Dieser besteht aus einem ca. 30 cm langen verstellbarem Gummiband, an das rechts und links Clipse angenäht sind. Der Schürzenclip ersetzt die langen Schürzenbänder, die sich beim Waschen bzw. Schleudern völlig einander verdrehen. 

 

Die Auswahl umfasst über 300 Hosenträger-Bänder, sechs verschiedene Cliparten, fünf Rückenteilvarianten oder Lederschlaufen zum Anknöpfen. Selbstverständlich wird jeder Kunde vermessen und ein individueller Maß-Hosenträger gefertigt. Das dauert 10-20 Minuten und kostet zwischen 24 und 50 Euro.